Auch wenn ich zum Zeitpunkt während ich diesen Artikel schreibe in Kapstadt am Sea Point den Autos und Wellen lausche, erinnere ich mich ziemlich gut an diesen Tag meines road trips.
Ich wachte früh am Morgen in meinem Hotel in Husavik auf, nachdem ich am Tag zuvor eine meiner schönsten Lebenserfahrungen überhaupt machen durfte. Beim Whale Watching in Husavik hatte ich nicht nur die Akkus meiner Kamera zum absoluten Nullpunkt gebracht. Nach einer ruhigen Nacht, frisch aufgeladen, sollte es nun weiter in Richtung Westen gehen.
Nach ein paar hundert Kilometern sammelte ich eine Anhalterin auf. Ich weiß gar nicht mehr so genau wo sie hin wollte, nur noch dass sie schon eine ganze Zeit an der Raststätte gestanden hatte und das ich einen kleinen Umweg fuhr, um sie direkt an der Haustür absetzen zu können.
Nachdem ich ihr von meiner falschen Annahme berichtete, am ersten Tag wohl an der blauen Lagune vorbeigefahren zu sein, meinte sie ich solle doch einfach noch einmal kurz von der Ringstraße abweichen um die Myvatn Nature Baths anzusteuern. Auch wenn ich die Ringstraße eigentlich nicht so schnell schon wieder verlassen wollte, hörte sich das nach einem wirklich guten Tipp an und ich sollte nicht enttäuscht werden.
(Man verlässt die Ringstraße übrigens nur ein paar hundert Meter, für mich war es nur deshalb ein größerer Umweg weil ich noch einmal nach Osten musste!)
Die relativ kleine Badeanstalt im Norden Islands bietet zwar nicht so viel Luxus wie die berühmte Blue Lagoon Iceland aber sie ist eine fantastische Alternative. Im Gegensatz zur blauen Lagune fließt in die Mývatn Nature Baths kein Meerwasser ein, sodass der Schwefelgeruch wesentlich intensiver ist. Auch das seifige Gefühl auf der Haut ist viel ausgeprägter. Das umliegende Gebiet wirkt ein wenig wie ein Industriegebiet, es gibt einige Fabriken und überall steigen Dampfwolken wie aus Schornsteinen aus.
Nach einem guten, langen Bad im warmen Quellwasser geht es weiter nach Westen, in Richtung Akureyri. Hier machte ich heute nicht Halt, denn meine Zeit in Island neigte sich rasant ihrem Ende zu. Schon am nächsten Tag sollte es mit dem Flieger wieder nach Deutschland gehen.
Ich hätte mir wohl zumindest ein paar Minuten Zeit nehmen sollen um durch die Stadt zu cruisen, immerhin ist sie mit fast 20.000 Einwohnern eine der größten in Island und soll sehr schön sein. Wenn ihr Tipps rund um Akureyri habt, schreibt doch gerne einen Kommentar!
Ich entschied mich stattdessen zu einem Abstecher zum Goðafoss, etwa 50km vor Akureyri.
Der Goðafoss stürzt über 10m in die Tiefe, über eine Breite von gut 30m. Steht man direkt am Wasserfall, ergibt das eine beeindruckende Soundkulisse.
Seinen Namen bekommt der Wasserfall von einer Geschichte aus dem elften Jahrhundert. Hier soll ein Priester die letzten heidnischen Götterbilder in den Fluss geworfen haben, nachdem in Island das Christentum zur Staatsreligion ernannt wurde.
Das Wasser ist klar und im Sommer kann man vermutlich etwas weiter flussabwärts die Beine in’s kühle Nass halten. Ich kann mir vorstellen, dass dies nach einer mehrstündigen Fahrradtour entlang der Ringstraße eine tolle Idee ist.
Als ich hier ankomme ist es ruhig, es sind nur ein paar andere Menschen mit mir dort und hauptsächlich hört man das Wasser plätschern.
Die Stille ist angenehm und ich genieße die fantastische Aussicht…
…und hinterlasse ein paar Spuren.
Kurz bevor ich mich auf den Weiterweg machen möchte, erscheinen sie dann aber doch noch. Scharen von Touristen, angekarrt im Rundtour-Bus und mit Gehhilfen und Fotoapparaten aus dem letzten Jahrhundert bewaffnet.
Schnell suche ich das Weite und lass mich entlang der Ringstraße weiter in Richtung Westen treiben.
Bei Steinsstaðalaug halte ich kurz um mir die vielen kleinen Arme des Flusses anzusehen, der sich hier wie ein Spinnennetz vom Inland in Richtung Ozean ziehen.
Ich sitze ein paar Minuten am Ufer und denke über meine Zeit hier nach. Es sollte zwar noch ein weiterer Tag auf meiner Reise auf mich zukommen, diesen würde ich aber in der Hauptstadt Reykjavik verbringen und aus meinen Reisen entlang des West Highland Way in Schottland wusste ich noch sehr genau, dass der Zauber eines wilden Landes etwas abnimmt sobald man wieder in der Zivilisation landet.
Ich werde hierher zurückkehren, so viel steht fest. Ich möchte gerne noch einmal im Winter herkommen, auch das ist klar. Aber wann und wie das passieren würde, konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht wissen…
…heute weiß ich: Es würde viele tausend Flugmeilen später sein. Sehr zufällig, sehr spannend, sehr abenteuerlich und sehr… SEHR schön!
An meinem letzten Abend checke ich für gewöhnlich gerne in ein Hotel ein, ohne auf den Preis zu schauen (wenn das Budget es noch hergibt). Dann esse ich gut und lasse es mir gut gehen.
Auf den letzten Kilometern meiner Islandreise gab es nur ein einziges Hotel. Es hatte alles was ich brauchte: Ein schönes, großes und kuscheliges Bett. Eine Aussicht, bei der man sich beim zu Bett gehen schon auf’s Aufstehen freut und ein Schwimmbad.
…naja. In diesem Fall eine kleine heiße Quelle direkt neben dem Haus. Mit vollem Bauch und rot wie ein Hummer vom zu heißen Wasser lege ich mich an diesem Abend in’s Bett und bin sehr dankbar, dass ich so eine schöne Zeit hier haben durfte.